1.Tour de Jumelage 2007

1. März 2017

Ein „Bravo et Merci“ für 823 Kilometer im Fahrradsattel

Die Radler wollten auf ihrer Tour Land und Leute der verschiedenen europäischen Regionen auf der Strecke kennenlernen: Mit dem Velo sei dies ganz anders und intensiver möglich, als mit dem Auto, sagte Stadtrat Andreas Schwarz, Jüngster im Team, der mit einem schweren Tourenrad die Strecke meisterte. Aber auch der älteste der zehn Teilnehmer, Stadtrat Helmut Kapp, überstand im Windschatten der Gruppe die Strapazen und erreichte freudestrahlend das Ziel.

Der Start erfolgte am Freitag, 29. Juni, durch Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker, die den wackeren Radlern einen Auftrag mit auf den Weg gab: Die Einladungen an die Partnerstadt zum Jubiläumsgegenbesuch im kommenden Jahr sowie zu einem von ihr initiierter Kongress, der sich mit der Umsetzung von erneuerbaren Energien in der Bauleitplanung beschäftigt. Mit dieser „Depesche“ im Gepäck machten sich die Radler zum ersten Etappenziel Freudenstadt auf, das nach rund 120 Kilometern erreicht wurde. Nach dem Bezug der Zimmer in der Jugendherberge, war die Delegation zum Meinungsaustausch in das technische Rathaus geladen. Das Thema lautete: Tiefgaragensanierung. Dieses Projekt hat die Stadt Freudenstadt bereits hinter sich gebracht, wie sich die Kirchheimer Gemeinderäte bei einem Rundgang durch die Tiefgarage selbst überzeugen konnten. Die Stadträte konnten sich aus erster Hand über die konventionelle Instandsetzung und eine Sanierung in Form des kathodischen Korrosionsschutzes informieren.

Die „Königsetappe“ stand bereits am zweiten Tag auf dem Programm und führte über den rund acht Kilometer langen Anstieg zum Kniebis, im Regen und Nebel auf die lange Abfahrt in die Rheinauen. Von der freundlichen Seite zeigte sich das Wetter am Nachmittag, sportlich verlangte die Etappe den Radlern aber alles ab: Über 1 000 Höhenmeter auf zwei Anstiegen auf der Anhöhe des Col du Donon in den Vogesen waren zu bewältigen. Besonders gefiel dies dem Revierleiter der Kirchheimer Polizei, Thomas Pitzinger, der dort seine Kletterqualitäten unter Beweis stellen konnte.

Der Sonntag begann mit einer rasanten Abfahrt nach Raon-sur-Plaine durch malerische Dörfer. In Frankreich legt man besonderen Wert auf die Ausschmückung der Ortseingänge oder -kerne mit Blumen, was Stadtrat und „Jardineur“ Franz Ochs ganz besonders begeisterte. Aber nicht nur Blumen, auch von der Infrastruktur und Bauweise der Nachbarn konnten sich die Pedaleure, darunter einige Architekten, ein einprägsames Bild machen.

Um die Strapazen zu bewältigen, haben die sich täglich abwechselnden Fahrer des begleitenden Tourbusses jeweils zur Mittagszeit ein Picknick gezaubert, abends dagegen wurde in Restaurants mit regionalen Spezialitäten Kraft für die nächste Etappe gesammelt.

Nach einer Kaffeepause in der Kurstadt Vittel, hierzulande bekannt für sein Wasser, erreichte der Tross nach weiteren 20 Kilometern das Tagesziel Bulgnèville. Leider war die Tour für Stadtrat Ulrich Kübler bereits zu Ende da ihn geschäftliche Termine nach Hause beorderten. Er verpasste die wohl landschaftlich schönste Etappe, die zunächst regnerisch und stürmisch begann. Eine Umleitung zwang die Radler zum Verlassen der geplanten Route hinein ins Hinterland auf kleinen Sträßchen, durch malerische Dörfchen, über hügeliges Gelände in der Region Champagne-Ardenne im Nordosten Frankreichs. An den größeren Flüssen liegen vier Staudämme, die in den letzten Jahrzehnten angelegt wurden, um die Pariser Gegend vor den Hochwassern der Seine zu schützen. An der Aube liegt der Lac du Temple und der Lac Amance, den die Pedaleure auf dem auf der Dammkrone geschaffenen Radweg „Velovoie“ bis zum Etappenziel Mesnil-St.-Père an dem von der Seine gespeisten Lac de la Fort d’Orient folgten. Die künstliche Seenlandschaft bedient die Natur wie Freizeitinteressen gleichermaßen. Stadtrat Karl-Heinz Schöllkopf nutzte die Möglichkeit zu einem frühmorgendlichen Bad im See, bevor es auf die längste Etappe der Tour ging: Sie führte durch die Weizenfelder der südlichen Champagne, vorbei an malerischen Weinbergen, durch das Seine-Tal bis in die Wälder von Fouintainebleau. 173 Kilometer bei starkem, mit Sturmböen gespicktem Gegenwind, der die Radler manchmal auf der Stelle stehen ließ. Die beiden Mitradler Michael Schwägler und Frank Göbel zeigten sich hier besonders mannschaftsdienlich und fuhren vorwiegend an der Spitze des Peletons quasi als Windbrecher.

Auf der letzten Etappe, der „Tour d’honneur“ wurde die Gruppe von Fahrradfahrern des Radvereins aus Rambouillet empfangen und zum Ziel geleitet. In deren Sportheim erwartete die Radler ein Begrüßungstrunk sowie Michel Grall, Vorsitzender des Partnerschaftsausschusses und Bürgermeister Bernard Valette, der schon vor zehn Jahren von Rambouillet nach Kirchheim geradelt war.

Der Donnerstag stand ganz im Zeichen von Sightseeing: mit einem Besuch des Sitzes des Präsidenten, nämlich des Schlosses von Rambouillet, des Eisenbahnmuseums und einer Führung durch die Partnerstadt. Am Nachmittag wurde das neue Camping-Konzept bei der Eröffnung von „Huttopia“ am „Letang d’or“ südlich von Rambouillet vorgestellt: Holzhütten, Bauwagen und kanadische Zelte mit hochwertigem Interieur sowie ein mit Flusswasser gespeister Pool inmitten der Natur sind für Camper ein wahres Paradies.

Am Abend stand dann der offizielle Empfang im Rathaus durch den neuen und alten Bürgermeister Gérard Larcher auf dem Programm. Er zeigte sich beeindruckt von der Leistung der Radler und brachte dies mit einem „Bravo et merci“ auf den Punkt. Bürgermeister Riemer dankte in seiner Ansprache auf Französisch für die Gastfreundschaft, die der Truppe in Rambouillet entgegengebracht wurde. Er bekräftigte die Einladung für nächstes Jahr und lud zum geplanten Kongress „nachhaltige Stadtentwicklung“ ein. Die Oberbürgermeisterin möchte zu diesem Zweck Fachvertreter aus Rambouillet, dessen Partnerstädte aus England, Great Yarmouth und Waterloo in Belgien sowie der ungarischen Partnerstadt Kirchheims, Kalosca, einladen, erzählte er. Diese Fachvertreter sollen sich über die unterschiedlichen Sachstände in den genannten Ländern austauschen und auf kommunaler Ebene damit einen europäischen Beitrag zur Verbesserung des Klimaschutzes leisten. Da die Thematik natürlich gut zu der umweltfreundlichen Fortbewegungsart der Radfahrer passt, waren sie die idealen Botschafter in dieser Frage.

Jörg Bächle